Waren die "Wikinger" eigentlich tätowiert ?
Tattoos sind barbarischer / heidnischer Kult und Praxis, ein wirksames Mittel also, um "uns" von den "Anderen" zu unterscheiden. Nicht selten ist dies mit Nacktheit verbunden, ganz so als würde die komplette Haut einzig auf diese besondere Weise bedeckt werden.
Die Bekleidung steht für die Zivilisation und so muss der tätowierte oder bemalte Körper den Gegenpol darstellen. Ganz im Sinne von : "Das sind die bösen, die Unzivilisierten, die Kriminellen"
Im TV oder auf der Kinoleinwand findet man sie gerne : Tätowierte Wikinger.
Insbesondere die Serie Vikings hat hier einen regelrechten Hype ausgelöst.
Aber wie sieht es Historisch aus ? Waren die sogenannten "Wikinger" wirklich tätowiert.?
Achtung Spoiler ! : Ich denke schon.
Denn auch das engl. Wort Picture findet seinen Stamm bei den keltischen Pikten oder auch "Pictii" wie diese von den Römern genannt wurden.
Aber fangen wir ersteinmal mit dem Begriff Wikinger an :
Der Begriff "Wikinger" bezieht sich doch lediglich auf die "Tätigkeit" des Raubzuges.
Es schlossen sich dazu einzelne Sippen zusammen, teilweise auch Überregional, ob nun von einem Jarl oder sogar einem sogenannten König finanziert und gingen auf Raubzüge. Dies geschah auch aus verschiedenen Ländern, wie den Dänen, Schweden und Norweger.
Das die Nordvölker aber auch auf andere Weise, wie z.B. auf dem Handelsweg Kontakt zu anderen Regionen und somit Zugang zu Kulturen, Sitten, Riten, Religionen und Bräuchen hatten, ist weithin gut belegbar.
Ich denke, wir können schoneinmal festhalten, dass der Begriff "Wikinger" in den Zeiten zwischen 600 - 1100, also praktisch zu Beginn der Christianisierung ( nur ganz grob ) sehr wahrscheinlich so gebraucht wurde, wie es die Römer zuvor für alle Völker jenseits der Alpen taten und diese schlicht "Germanen" oder "Barbaren" nannten.
Nun zur Körperbemalung mittels Tinte unter der Haut.
Hier sollte ich aber historisch korrekt eher von Kohle bzw. Asche sprechen.
Lange Zeit galt die 5300 Jahre alte Gletschermumie "Ötzi" als ältester Fund eines Menschen mit Tattoo. Hinsichtlich der Anzahl der Tätowierungen hält er weiterhin den Rekord: Es sind 61, überwiegend geometrische Figuren, Linien und Punkte. Sie wurden in den Körper geritzt und dann mit einer Art Kohlepulver gefärbt.
Ebenfalls gut belegt und dokumentiert sind Motive in der Haut von Leichenfunden aus dem Permafrostboden des Osteuropäischen Raumes. Besonders aufwändige und großflächige Tätowierungen sind hier von den eisenzeitlichen Skythen etwa 700v.Ch., einem Reitervolk der russischen Steppe und des Kaukasus sowie aus der Pasyryk-Kultur im Altai bekannt.
Woher nun aber kam das Wort und die damit verbundene Begrifflichkeit des Wortes "Tattoo" ?
Geschichtsschreiber wie der arabische Gelehrte / Diplomat Ibn Fadallah, kannten wohlmöglich dazu nur den Begriff der rituellen "Bemalung" - waren diese Menschen gut genug in die Riten und Mythen der von ihnen besuchten und / oder beobachteten Völker eingebunden um zu verstehen, wie diese "Bemalungen" auf bzw. unter die Haut kamen ?
Obwohl das Wort "Tattoo" erstmalig 1893 in die englische Sprache einwanderte, als Captain James Cook die Tattoos der tahitianischen Völker Beschrieb und für die Öffentlichkeit zugänglich machte, muss die Geschichte des Tätowierens also doch wohl sehr viel weiter zurückliegen.
Denn wie oben beschrieben, können archäologische Beweise diese bis in die Vorgeschichte zurückzuführen.
Die Griechen nannten es στῐγμᾰ oder Stigma. Seine Wurzel, Stig-, bildet eine Ansammlung von Wörtern, die mit Punkt, Punktion oder Markierung zu tun haben. Die Griechen beobachteten diese Praxis der Hautmalerei, bei den "Barbaren" der Thraker.
Der byzantinisch - griechische Arzt Aëtius von Amida, beschrieb in einem seiner 16 Büchern über die Medizin, Details der Praxis um sogenannte "Stigmata" zu erstellen.
Obwohl Tätowierungen auch zu religiösen Zwecken eingesetzt wurden und somit auch positiv als Symbol für Segnung und Frömmigkeit unter den Christen zeigten, war die Reaktion darauf von "ganz Oben" oftmals eher negativ. So kam es nicht selten vor, das damalige Päpste diese Hautkunst verboten.
Die Bibel überliefert zu dem Thema folgendes:
„Und einen Einschnitt wegen eines Toten sollt ihr an eurem Fleisch nicht machen; und geätzte Schrift sollt ihr an euch nicht machen. Ich bin der Herr.“ (3. Mose 19,28)."
Sklaven wurden tätowiert, um ihren Status als Eigentum zu bezeichnen. Kriminelle wurden zur Bestrafung und Demütigung tätowiert.
Römische Soldaten bekamen ihre "militärische Tätowierung", möglicherweise ein Symbol der Legion, nicht aus Stolz sondern als Pflicht um sehr wahrscheinlich schnell Deserteure zu identifizieren. Sie sind sozusagen, wie auch die Sklaven, "Eigentum" des römischen Reiches.
Caesar schrieb in seinem Buch über den gallischen Krieg, dass die Briten mit Färberwaid (Vitrum)aufgetragene, blaue Körpebemalungen trugen, so dass sie in der Schlacht "schrecklicher" erscheinen. Dazu hatten sie noch gekälktes / gezuckertes Haar wie moderne Punks ganz nach oben gekämmt.
Herodian von Antiochien beschreibt die Kaledonier, die ihren kompletten Körper mit Bemalungen und tierischen Designs verzierten und anstelle von Kleidung trugen. Wer jedoch an das Klima in Schottland denkt, wird schnell feststellen, das dies keine gute Idee wäre. Also könnte man davon ausgehen, das sie, wie eben sicher auch die Picten, Tattoos trugen und darüber eben die KLeidung. Zu welchem Zwecke sie diese ablegten oder ablegen mussten schreibt Herodian sicher aus Scham über die römischen Greuel nicht auf.
So erwähnt auch Tacitus in seiner "Germania" im Kapitel 54, germanische Krieger, die ihre Körper schwarz bemalen. Aber könnte dies nicht eher dazu gedient haben des Nachts ungesehen anzugreifen ?.
Aber was ist denn nun mit den Wikingern und ihren Tätowierungen?
Wie auch im Film der 13 Krieger beschrieben, orientieren sich die TV und Kinoproduktionen sicherlich auch gerne an der historischen Person Ahmad Ibn Fadlan. Aber auch diese wurde in ettliche Sprachen übersetz, mehrfach kopiert und verfälscht. Jedenfalls sollte dieser Reisende auf diplomatischer Mission 922 zu den Wolga Bulgharen reisen. Hierbei traf er die "Russsiyyah" oder den "Rus Menschen" und Ibn Fadlan stellt fest:
"So groß wie Palmen, hell und rötlich, sie tragen weder Tunika noch Kaftane. Jedermann trägt einen Mantel, mit dem er die Hälfte seines Körpers bedeckt, so dass ein Arm frei bleibt. Sie tragen Äxte, Schwerter, Dolche und haben diese immer zur Hand. Sie benutzen fränkische Schwerter mit breiten, doppelseitigen Klingen. Sie sind dunkel von den Spitzen der Zehen bis zu ihrem Hals mit Baumenbildern und dergleichem.
Was das im arabischen bedeutet, ist unklar, als sei sich Ibn Fadlan unsicher, wie diese Bilder in die Haut kommen und was sie bedeuten.
Ich für meinen Teil jedoch glaube fest daran, dass Tätowierungen schon seit Jahrtausenden bekannt waren.
Das die Nordvölker sich gerne ihre Welt reich verzierten auf Schmuck, Gefässen, Gewändern und allerlei anderen Dingen, ist ebenso bekannte Tatsache wie die historischen Belege und Grabungsfunde.
Quellenangaben :
Aus meinen Reisen und daraus sich ergebene Gespräche z.B. auf Conventions und Mittelaltermärkten sowie unzählige Stunden an Netzrecherche, hier wäre dann auch Wikipedia zu nennen.
Auch werde ich mal stöbern, ob ich noch Quellen aus meinen Büchern nennen kann.